Tradition, Werte, Heimat – Prinz von Bayern

Es gibt Traditionen, die verbinden die Vergangenheit mit der Zukunft, das Gute von Gestern mit dem kühnen Blick nach vorne. Diese Traditionen sind es wert, dass man sich ihrer erinnert und danach fragt, wie man sie für die Gegenwart fruchtbar machen kann.

S.K.H. Herzog Franz von Bayern

Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold Rupprecht Heinrich von Bayern und die beiden Mitglieder des Vorstands von Ludwig Beck, Dieter Münch und Christian Greiner, trafen sich zu einem Gespräch mit der Chefredakteurin und dem Herausgeber von Seestyle, Catharina Niggemeier und Stefan Huber. Sie sprachen über Tradition, Werte und Heimat, anlässlich der offiziellen Enthüllung des großen Wittelsbacher Wappens, welches Ludwig Beck als ehemals „Königlicher Bayerischer Hofposamentier“ seitdem wieder offiziell führen darf.

Seestyle: Ihre korrekte Anrede ist „Seine Königliche Hoheit“. Welchen Wert legen Sie auf diesen Titel? Wie wir gehört haben, sagt ihre Sekretärin „Prinz Luitpold“. Dürfen wir uns anschließen? Welcher Name steht denn bei Ihnen im Pass?
Prinz von Bayern: Gerne können Sie mich Prinz Luitpold nennen. In meinem Personalausweis steht als Nachname „Prinz von Bayern“. Das sorgt manchmal für Verwirrung, etwa wenn ich in ein Hotel einchecke.

Seestyle: Adel verpflichtet – ist der Adelstitel für Sie Ehre oder eher eine Bürde?
Prinz von Bayern: Titel aller Art polarisieren, denn bei vielen Menschen werden positive wie aber auch negative Erwartungshaltungen geweckt.
Damit ist es vor allem als Kind nicht immer leicht damit umzugehen. Heute sehe ich es als ehrenvolle Verpflichtung, die guten Erinnerungen an die Familie und die Verbundenheit mit Bayern zu pflegen.

Seestyle: Welche Rolle haben die Wittelsbacher noch heute für Bayern?
Prinz von Bayern: Es ist nicht leicht, darauf eine gute Antwort zu geben, denn ich möchte nicht unsere Familie und ihr Engagement selbst bewerten. Doch wir setzen uns ganz bewusst und aktiv für Bayern ein, fördern den Erhalt von Kultur, Traditionen und Werten.

Seestyle: Der Ursprung, warum wir heute hier im legendären Münchner Zimmer von Ludwig Beck zusammensitzen, geht auf das Jahr 1876 zurück. Was ist die Geschichte dazu?
Dieter Münch: Der Knopfmacher und Posamentenmeister Ludwig Beck belieferte die Märchenschlösser Ludwigs II. mit Gold-Silberposamenten und bekam den Titel „Königlich Bayerischer Hofposamentier“ verliehen. Ludwig Beck ist übrigens der Urvater von unserem Ludwig Beck – dem Kaufhaus der Sinne.
Prinz von Bayern: Der Titel wurde für besondere Qualität und hervorragende Künste und Handwerk verliehen auf Lebenzeit. Dies bedeutet: Wenn der Titelträger verstarb, konnte der Titel nicht automatisch an den Nachfolger weitergereicht werden. Erst musste überprüft werden, ob das Leumundzeugnis einwandfrei ist.

Seestyle: Kann man heute noch einige der Borten, Bordüren, Quasten und Troddeln sehen, die als Königlicher Postamentier gefertigt wurden?
Dieter Münch: Nicht bei uns im Haus, aber natürlich z.B. im Schloss Linderhof. In München finden Sie unsere Quasten an den Prunkfahrzeugen von König Ludwig II im Marstallmuseum im Schloss Nymphenburg.

Seestyle: Welche Bedeutung hatte es für das Unternehmen, sich als „königlicher Hoflieferant“ bezeichnen zu können?
Dieter Münch: Da muss ich sie korrigieren (lacht), wir sind kein „königlicher Hoflieferant“, sondern wir dürfen das Große Wittelsbacher Wappen als ehemals „königlicher Hofposamentier“ wieder offiziell führen.
Prinz von Bayern: „Es gibt Traditionen, die verbinden die Vergangenheit mit der Zukunft, das Gute von Gestern mit dem kühnen Blick nach vorne. Diese Traditionen sind es wert, dass man sich ihrer erinnert und danach fragt, wie man sie für die Gegenwart fruchtbar machen kann“. Dieser Leitgedanke von SKH Herzog Franz von Bayern war für uns die Grundlage, dem Geschäft Ludwig Beck die Möglichkeit zu geben, das Große Wittelsbacher Wappen als ehemals „königlicher Hofposamentier“ wieder offiziell zu führen.

Seestyle: Die königlichen Handwerker präsentieren sich und ihre Angebote auf den Weltausstellungen in Wien, Chicago, St. Louis, Paris und Brüssel. Führten die Aufträge von König Ludwig II dazu, dass in Bayern eine blühende Kunstindustrie herrschte?
Prinz von Bayern: Da Bayern kein Rohstoffland ist, hat man von der Veredelung und der Pflege des Handwerks gelebt. So war das Kraftwerk der blauen Grotte im Schloß Linderhof das erste Kraftwerk, welches von Siemens gebaut wurde. König Ludwig II hat durch seinen hohen Anspruch den Grundstein für viele Visionäre im Handwerk gelegt. Ein weiteres Beispiel: Die Farbe der blauen Grotte, die exakt der Farbe des Blau von Capri entsprechen sollte, hat der Gründer von BASF entwickelt.

Seestyle: Bayern wird oft als „Retro-Land“ bezeichnet. Wohin man blickt: Rückbesinnung, Erinnerung und der Aufbruch zu alten Werten haben wieder Konjunktur. War dies der Grund für die Entscheidung, den Titel „Hoflieferant“ wiederzubeleben?
Christan Greiner: Nein, denn Tradition ist für Ludwig Beck kein Trend, sondern eine Haltung.
Prinz von Bayern: Tradition richtet sich immer nach vorne. Durch die Erfahrungen, Erkenntnissen und somit dem Wissen wird das Gute weitergeführt und gestaltet damit die Zukunft.
Und Sie können sich sicher sein, das Wittelsbacher Wappen ist kein und wird niemals ein Merchandisingprodukt.
Sie haben mich am Anfang gefragt, ob Adel verpflichtet? Es verpflichten die Tradition und das Wertebewusstsein. Die Wiederbelebung des Titels gibt die Möglichkeit zu zeigen, dass es immer noch Unternehmen gibt, wo gewachsene Tradition und Werte gelebt werden.

Seestyle: Welche Bedeutung hat es für Ludwig Beck, das Große Wittelsbacher Wappen als „Ehemals Königlich Bayerischer Hofposamentier“ wieder zu führen?
Dieter Münch: Für uns, unser ganzes Haus und alle Mitarbeiter ist es eine große Ehre und zugleich ein Ansporn und eine Verpflichtung, weiterhin unseren Werten treu zu bleiben.

Seestyle: Wie reagieren denn ihre Münchner Kunden auf diese Auszeichnung?
Christian Greiner: Wir haben schöne Rückmeldungen von unseren Kunden bekommen, denn ein Großteil davon kennt Ludwig Beck schon aus Ihren Kindertagen. Für ausländische Gäste haben wir festgestellt, ist es eine Orientierung – ein „Markenprädikat“.

Seestyle: Wie wichtig sind Münchner Traditionsunternehmen für die Stadt?
Christian Greiner: In Zeiten uniformer Modeketten sticht ein Traditionsunternehmen wie Ludwig Beck besonders positiv heraus. Für viele Münchner gehört ein Einkauf bei uns seit frühester Kindheit einfach dazu. Sie verbinden damit Erinnerungen, die sie dann auch als Erwachsene immer wieder in unser Haus führen. Ludwig Beck – das ist in diesem Sinne die Begegnung mit der eigenen Vergangenheit. Zusammen mit den anderen Traditionsunternehmen wollen wir die Stadt für die Besucher unverwechselbar und einmalig präsentieren.
Prinz von Bayern: Genau, es geht darum, die Identität eines Stadtbildes zu erhalten. Die unverwechselbare Handschrift von München zu bewahren. Münchner Traditionsgeschäfte verleihen der Stadt einen einzigartigen Charme. Die Traditionsgeschäfte sind ein Teil der Lebensqualität in München.

Seestyle: Ist es geplant, dass weitere Geschäfte in Bayern das Große Wittelsbacher Wappen als „Ehemals Königlich Bayerischer Hoflieferant“ wieder führen dürfen? Und wenn ja, nach welchen Kriterien wird ausgewählt?
Prinz von Bayern: Wir haben mit der Enthüllung am 27. April einen ersten Schritt getan und wir werden überlegt und behutsam in diesem Sinne weitermachen.
Seestyle: Im Oktober letzten Jahres haben Sie die Nymphenburger Porzellanmanufaktur übernommen. Was waren Ihre Beweggründe, zusätzlich zu Ihren zahlreichen Verpflichtungen noch ein Traditionsunternehmen zu leiten?
Prinz von Bayern: Es ging um den Erhalt eines Traditionsunternehmen, um den Erhalt von Berufen, die vom Aussterben bedroht sind. Die Porzellanmanufaktur Nymphenburg ist ein der ältesten Manufakturen und gleichzeitig eine der beiden letzten Reinstmanufakturen unter den Porzellan-Herstellern weltweit. Wir werden das Erbe pflegen und behutsam weiterentwickeln, um das einmalige Kunsthandwerk zu erhalten.

Dieter Münch: (lacht) Auch wir hier bei Ludwig Beck haben ein besonders schöne Dame aus der Porzellanmanufaktur Nymphenburg, die Julia aus der Commedia dell’ arte.
Sie hat auch eine wichtige Aufgabe bei uns. Sie wird seit 25 Jahren an die Abteilung oder den Mitarbeiter verliehen, für besondere und herausragende Leistungen. Sie genießen übrigens gerade ein Produkt von der Abteilung, die im vergangenen Jahr unsere „Julia“ verliehen bekommen hat. Der Marmorkuchen kommt aus unserer sehr beliebten Mitarbeiterkantine.

Seestyle: Das Verhältnis von Wirtschaft und Moral ist ein populäres Thema. Was ist Wirtschaftsethik für Sie?
Dieter Münch: Es ist eine Grundhaltung im Leben, somit also eine sehr persönliche Antwort. Für mein Tun und mein Handeln die volle Verantwortung zu übernehmen, bedeutet auch zu Entscheidungen zu stehen, die schwer fallen. Und dabei muss man seinem persönlichen Kern an Werteüberzeugungen treu bleiben.

Christian Greiner: Dies kann ich nur unterstreichen. Wir leben diese Grundhaltung hier bei Ludwig Beck Es geht um die Ehrlichkeit und Respekt im Umgang miteinander. Der Wert des Handschlags eines Kaufmanns. Da sind wir schon wieder bei der Tradition und dem bewussten Umgang mit Verantwortung.

Seestyle: Zwei Millionen Exemplare wurden vom „Schnäppchenführer“ verkauft, ein großes Elektronikgeschäft hatte den Slogan „Geiz ist geil“. Sehen Sie überhaupt eine Chance, sich diesen Strömungen mit den Werten eines Traditionsunternehmens entgegenzustellen?
Christian Greiner: Wir, jeder Mitarbeiter im Haus, beweisen es jeden Tag. Bei uns ist das Wort „bedienen“ noch maßgeblich. Sich begegnen auf Augenhöhe und dem Kunden, mit einer kompetenten Beratung freundlich zur Seite zu stehen. Der Einkauf ist ein Erlebnis, eingebettet in einer Wohlfühlatmosphäre, ein kleiner Ausflug aus dem Alltag. Glaubwürdigkeit, Individualität und Kompetenz sind dafür drei wichtige Säulen.
Dieter Münch: Unsere Klassikabteilung ist dafür ein gutes Beispiel. Auch im Zeitalter des Musik-Downloads lassen sich unsere Kunden gerne beraten und führen Fachgespräche mit unseren Mitarbeitern.
Die außerordentliche Kompetenz unserer Mitarbeiter in Sachen Musik macht nun mal einen großen Unterschied zum Angebot im Internet aus.
Die Kaufentscheidung wird bewusster getroffen, da das Kauferlebnis mittels eines Gefühls entsteht. Musik in nun mal sehr stark mit Emotionen verbunden.
Prinz von Bayern: Ja, dem kann ich zustimmen, die Klassikabteilung schätze auch ich sehr.

Seestyle: Sie wurden auf Schloss Leuchtstetten in Starnberg geboren. König Ludwig II ist am Starnberger See gestorben. Ist der Starnberger See für Sie ein besonderer Ort?
Prinz von Bayern: Natürlich ist der Starnberger See für mich ein besonderer Ort. Ich bin dort geboren, in die Schule gegangen. Ich bin dem Land und dem Starnberger See tief verbunden.
Seestyle: Wenn Sie einem ausländischen Gast Bayern an einem Tag zeigen sollten, was würden Sie ihm zeigen und wie würden Sie Bayern beschreiben?
Prinz von Bayern: (lacht) Meine Heimat – Bayern. Und da gibt es viel zu sehen, zu erleben und zu entdecken.

Seestyle: Ein Blick in die Zukunft. Wie geht es weiter mit Tradition und Werten in Bayern – im Zeitalter von Facebook und Youtube?
Christian Greiner: Ich bin mir sicher, alle Konzepte, die ehrlich und authentisch sind, haben ihre Berechtigung. Entscheidend ist, sich treu zu bleiben.

Seestyle: Hat ein Prinz auch mal Feierabend?
Prinz von Bayern: Ja, bei meiner Familie, da bin ich Ehemann und Vater.
Wir danken für das Gespräch

Catharina Niggemeier